Warum Loslassen so schwierig ist

Interview mit Anselm Bilgri über ein Thema, das uns in verschiedenen Lebensbereichen immer wieder begegnet

Wieso fällt uns das Loslassen so schwer, man möchte ja meinen, nichts sei einfacher, als die Dinge einfach sein zu lassen, wie sie sind?

Uns bedrängen oft unterschiedlichste Gefühle wie Verzweiflung, Trauer, Kränkung, Angst, Wut oder Eifersucht. Diesen Gefühlen gilt dann meist die ganze Aufmerksamkeit, die Gedanken kreisen darum wie ein Karussell. Die Emotionen verhaken sich dann in der Seele.

Wieso verhaken wir uns? Woher kommt der Antrieb, die Dinge immer in der Hand haben zu wollen?

Vergangenes und bisher Gewohntes macht das Leben bequem. Unangenehmes, das wir loswerden wollen, hat sich breit gemacht in unserem Seelenleben. Gefühle sind nur langsam zu verändern.

Was passiert mit Menschen, die nicht loslassen können?

Solche Menschen können krank werden. Es kommt zu Gedankenkreisen, Grübeln, zu Schlafstörungen, Panikattacken. Das kann sogar zu ernsthaften Depressionen führen, meist verbunden mit massiven Selbstzweifeln.

Ist es ein Unterschied, ob man im privaten oder im beruflichen Kontext loslässt?

Das macht keinen Unterschied. Man ist nur im beruflichen Umfeld gehemmter, Gefühle zu zeigen und unterdrückt sie daher oft. Dann nimmt man sie mit nach Hause und belastet damit das familiäre Umfeld. Dies kann natürlich umgekehrt genauso geschehen. Da helfen dann verständnisvolle Partner und mitfühlende Kollegen.

Wie kann man Loslassen lernen?

Man muss sich bewusst machen, dass man Einfluss auf Gefühle hat. Gefühle entstehen durch Gedanken. Wenn man sein Denken ändert, gewinnt man auch langsam Macht über die Gefühle. Man muss sich jedes Mal, wenn man an das denkt, was man loslassen möchte, sagen: STOPP! und „Ich bin bereit, loszulassen.“

(Interview: Gerd Henghuber)