Symposion am 16.03.2015: Wann Toleranz intolerant werden muss

Toleranz war das Thema des vorletzten Symposions der Akademie der Muße im März. Seit dem Zeitalter der Aufklärung gibt es die Forderung nach Toleranz. Im politischen und gesellschaftlichen Bereich versteht man darunter die Antwort einer Gesellschaft und ihres verbindlichen Wertesystems gegenüber Minderheiten mit abweichenden Überzeugungen. Diese Überzeugungen lassen sich oft in das herrschende System nicht ohne weiteres integrieren. Die Toleranz schützt die Träger einer Minderheitsmeinung vor Repression und gilt insofern als eine Grundbedingung für einen humanen Umgang miteinander. Toleranz ist demnach die Vorbedingung einer friedlichen Auseinandersetzung um konkurrierende Wahrheitsansprüche.

Gerade in unseren Tagen wird die Toleranz überall gefordert: zwischen Kulturen, Religionen und politischen Systemen. Dabei zeigt sich auch das Problem der Toleranz: sie stößt dort an ihre Grenzen, wo Intoleranz herrscht. Diese kann nicht toleriert werden. Das ist das paradox der Toleranz. All diese Überlegungen im Bereich des gesellschaftspolitischen Diskurses gelten im Kleinen auch für die gegenseitige Toleranz im Alltag des Zusammenlebens der Menschen in Familie, Beruf und Freizeitaktivitäten. Es gilt, das Anderssein des Anderen zu respektieren, sich bemühen, seine Meinungen zu verstehen, ohne dass es gleich Einverständnis bedeuten muss. Toleranz im Sinne des französischen Aufklärers Voltaire, der in einem Brief an einen Kontrahenten schrieb: Ich bin absolut nicht Ihrer Meinung, ich werde mich aber immer dafür einsetzen, dass Sie sie äußern können. (Anselm Bilgri)