Ein Satz der Abraham Lincoln oder Willy Brandt zugesprochen wird. Recht haben sie, egal, wer den Satz erfunden hat. 2019 ist Geschichte und 2020 liegt vor uns. Ein weites Feld. Was wird es bringen, für uns persönlich, für das Land in dem wir leben, für die Welt? Vieles können wir nicht beeinflussen, einiges aber schon, zumindest in unserem jeweiligen Umfeld. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus … Und all die guten Vorsätze für das neue Jahr. Werden wir sie 2020 (endlich) umsetzen oder wird es wieder nichts mit der besseren Work-Life-Balance, dem Fitnesstraining, dem „öfter da sein für Familienangehörige“, dem sozialen, politischen, gesellschaftlichen Engagement, dem Fremdsprachenlernen oder dem „achtsamer und liebevoller mit sich selber umgehen“?

Die Zukunft selber gestalten – dazu braucht es Visionen, Ideen und Ziele, Neugierde, Motivation, Disziplin, Hartnäckigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und Mut. Zukunft gestalten heißt auch Neues wagen. Die Komfortzone verlassen, sich trauen, einen Weg vorzugeben und vorzugehen. Das klingt ziemlich anstrengend. Aber es klingt auch nach LEBEN! „Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer.

Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“ – noch so ein Satz von Willy Brandt, der bestens zum neuen Jahr passt.

von Nikolaus Birkl

„Ich denke, der Sinn unseres Lebens besteht darin, glücklich zu sein. … Ich weiß nicht, ob sich im Universum mit seinen zahllosen Galaxien, Sternen und Planeten noch ein tieferer Sinn verbirgt oder nicht, doch dieses ist klar, dass es unsere Aufgabe als Menschen auf dieser Erde ist, die Grundlagen für ein glückliches Leben zu schaffen. Darum müssen wir herausfinden, was uns das größtmögliche Maß an Glück verschafft.“* Soweit der Dalai Lama unter der Überschrift „Der Sinn unseres Lebens“.

Wenn wir aus systemischer Sicht unser Leben als ein Sein auf dem fortschreitenden Strahl der Zeit verstehen, als ein Fließen im Fluss des Lebens, dann ist Veränderung der Normalzustand: „Alles fließt“ und „Du kannst nicht zweimal in denselben Fluss steigen“, sagte Heraklit um 500 vor Christus. Nichts bleibt uns daher auf Dauer, nicht einmal unser Leben, wie können wir uns dann das Glück erschließen?

Sicher werden wir scheitern, wenn wir versuchen, unser Glück in der Attraktivität des Habens und Besitzens zu finden, denn dort erhalten wir letztlich Spielzeuge, die – wie Eltern wissen – schnell an Reiz und glückbringender Befriedigung verlieren. Immer Neues, immer mehr Besitz führt in ein ständiges Vergleichen und in ein „Haben-Müssen“, es ist wie bei einem Eimer mit einem Loch im Boden: wir können noch so viel hineinfüllen, es ist nie genug Substanz vorhanden, – ein Weg ins Unglück und nicht ins Glück!

Der Schlüssel zum Glück liegt im Sein, im „Ich bin!“. Wenn wir innehalten, uns dem Augenblick zuwenden und ihn als solchen akzeptieren können, sind wir glücklich. Wenn ich erkenne, dass die Situation meines Lebens eben genau so ist, wie sie ist, kann ich mich mir selbst zuwenden und Ruhe finden. Das ist kein Fatalismus, selbstverständlich kann und soll ich die Zukunft gestalten und verändern, beobachten, reflektieren und entscheiden, – aber aus einer Haltung heraus, die zunächst einmal akzeptiert hat, dass die augenblickliche Situation so ist, wie sie ist. Das beinhaltet auch die Akzeptanz, dass ich selbst so bin, wie ich bin. Ich höre dann auf, anders sein zu wollen, und spüre, dass – wie es im Zen heißt – der Weg genau unter meinen Füßen ist. Nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft, nein – im Hier und Jetzt.

Daher lautet die kürzeste und alle Seiten des Lebens umfassende Definition von Glück: „Was ist, darf sein.“


*Zitat v. d. Website S. H. des Dalai Lama (zitiert bei Dalai Lama/Michael von Brück, Wagnis und Verzicht, München 2019, S. 224)

Vom Ankommen

„Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier …“ – aber wieso eigentlich vier Kerzen, gleich vier Adventssonntage?

Das war wohl nicht immer so. Man feierte mal drei, mal vier, mal sechs Wochen lang bis zur „Ankunft“ Christi. Erst Papst Gregor legte im 7. Jahrhundert die Zahl von vier Adventssonntagen fest, womit die 4000 Jahre repräsentiert werden sollten, die die Menschen nach kirchlicher Auffassung nach dem Sündenfall im Garten Eden auf Jesus warten mussten. Und mit feiern war zu Beginn auch nicht viel los, die Adventszeit war ursprünglich eine Fastenzeit – davon ist heute landläufig nichts mehr übrig geblieben. Nur noch in der orthodoxen Kirche ist Adventszeit gleich Fastenzeit, die 40 Tage vor dem Weihnachtsfest beginnt. Und Weihnachten wird wiederum erst am 6./7. Januar gefeiert, da sich die orthodoxen Christen noch nach einem älteren Kalender richten.

Also von Fasten kann hier bei uns wahrlich gerade in der Adventszeit keine Rede sein, wenn es aus den Küchen nach Plätzchen duftet und in den Innenstädten die Glühweinkonzentration bedenkliche Ausmaße annimmt. Gleichzeitig erhöht sich unser Tempo, statt sich zu verlangsamen, es müssen Geschenke besorgt, Besuche vorbereitet, die Arbeit noch vor den Feiertagen erledigt werden. Es soll ja Menschen geben, die schon das Jahr über die Geschenke besorgen, doch bei den meisten gehört das wohl zu den immer wiederkehrenden Vorhaben zum neuen Jahr.

Aber vielleicht, vielleicht schaffen wir es ja, die Adventszeit dieses Jahr beschaulicher anzugehen und uns auf die „Ankunft“ vorzubereiten. Auch für Nichtchristen kann „Ankunft“ etwas bedeuten: sich auf die Ankunft und das Zusammensein mit seinen Liebsten zu freuen – oder auch endlich bei sich selber anzukommen.

„Alles fließt“ wusste bereits der griechische Philosoph Heraklit. Mit anderen Worten: „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“ Leben bedeutet stetige Veränderung, nichts bleibt, wie es ist, auch, wenn wir das manchmal gerne hätten. Wir möchten Augenblicke festhalten, Gefühle für immer garantiert haben, schöne Zeiten unendlich ausdehnen. Aber Veränderung ist der Normalzustand – und zudem unausweichlich. Die Gegenwart gibt es eigentlich gar nicht, denn indem ich das denke, liegt der Gedanke schon wieder in der Vergangenheit. In Systemen und Unternehmen ist ein sich nicht verändernder Status erklärungsbedürftig. Denn für den Erhalt des Status quo muss enorm viel Energie aufgewandt werden, während Veränderung keine weitere Energiezufuhr benötigt, sondern ein lenkendes Führen. „Wenn sich etwas entgegen dem erklärten Ziel nicht verändert, steht hier jemand auf der Bremse.“, sagt auch Nikolaus Birkl in seinen Vorträgen. „Und da sollte sich die Führungskraft fragen, wer oder was hier Energie einsetzt und warum, um den Ist-Zustand zu erhalten? Die Kernkompetenz für einen sicheren Umgang mit der Unsicherheit der ständigen Veränderung ist neugierig heitere Gelassenheit.“

Das Wort „Agil“ kommt aus dem Lateinischen (lat. agilis) und bedeutet „flink und beweglich“. Unter agiler Organisation versteht man die Fähigkeit des Managements, nicht nur flexibel – also reaktiv –, sondern auch proaktiv und initiativ zu handeln, um sich immer schneller verändernden Märkten frühzeitig, vorausschauend anzupassen und dabei einen Schritt voraus zu sein. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet agiles Arbeiten, selbständiger, kundenorientierter und über Abteilungsgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, flache Hierarchien und mehr Verantwortung. Entscheidungen treffen nicht nur die Vorgesetzten, sondern auch die Teams. Das klingt erstmal gut. Aber für diese Art der Arbeit braucht es eine andere Geisteshaltung, eine Unternehmenskultur, die oft so nicht geübt ist. Das Aufbrechen teils bewährter, teils nicht mehr zeitgemäßer Strukturen ist kein leichter Prozess, weder für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mehr Initiative entwickeln und für ihr Tun Verantwortung übernehmen müssen als auch für Führungskräfte, die Positionen und Befugnisse aufgeben sollen. Reibungsverluste durch gruppendynamische Prozesse können gravierend sein und das Fehlen von Hierarchien ist für manche beängstigend und kann zur Belastung werden. Ob das nun aber Agilität heißt oder Eigenverantwortung – unsere zukünftige Arbeitswelt wird selbständig handelnde, innovativ denkende Menschen mehr denn je brauchen.