Disruption bedeutet Revolution statt Evolution. Martialisch klingt auch bereits das Wort als solches. 2015 galt „Disruption“ als „Wirtschaftswort des Jahres“, begleitet unsere Wirtschaft und Industrie aber schon länger. Disruptive Innovationen haben bestehende Märkte grundlegend verändert und eingefahrene Strukturen zerschlagen. Sie bedeuten eben kein „Weiter so, nur ein bisschen anders“ nach dem Motto „Mehr hilft mehr“, sondern komplett neue Formen. Digitalisierung und KI und deren ständige Weiterentwicklung bewirken drastische Umbrüche, die sich dabei deutlich schneller abspielen als das bei früheren disruptiven Innovationen der Fall war. Der nächste große Schritt steht mit der Spracheingabe bereits an.

Unternehmen heute müssen verstehen, dass die vernetzte Welt neuen Gesetzmäßigkeiten folgt und sich entsprechend aufstellen. Und zwar schnell. Es gilt, den Wandel selber zu gestalten, um ihm nicht zum Opfer zu fallen. Organisationen brauchen eine Kultur der Offenheit für Veränderungen. „Veränderung ist der Normalzustand“, so Dr. Nikolaus Birkl in seinen Vorträgen zu den Grundprinzipien systemischen Denkens und Handelns. Oder nach Fritz B. Simon (Psychiater, führender Vertreter der Heidelberger Schule, systemischer Berater mit Forschungs- und Lehrschwerpunkt zur Organisationsberatung) wie auch auf www.birkl-coaching.de zu lesen ist: „Wer derselbe bleiben will, muss sich verändern! Dieses Paradox der Identität gilt auch für Organisationen.“

Bis vor Kurzem galten 37 Grad Celsius als die Standardtemperatur des Menschen. Diesen Mittelwert hatte der deutsche Arzt Carl Reinhold August Wunderlich 1851 herausgefunden. Jetzt haben Ärzte aus Standford ermittelt, dass die durchschnittliche Körpertemperatur auf 36,5 Grad gesunken ist. Woran liegt das? Daran, dass wir wohlgenährter und größer sind als früher und in Folge einen langsameren Stoffwechsel haben? Oder hat BDI-Präsident Dieter Kempf recht, wenn er behauptet, dass Deutschland ein „Schnarchland“ geworden sei und wir es uns zu bequem gemacht haben. Im Schlaf sinkt die Körpertemperatur ja bekanntermaßen.

Interessanterweise finden sowohl der BDI als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, dass dringend in Infrastruktur, Bildung, Verkehr und Klimaschutz investiert werden müsse. Das dürfte auch jedem auffallen, der die Klimadebatte verfolgt oder der Kinder hat. Es fehlen Erzieher und Lehrer, der Zustand der Einrichtungen ist oft marode. Und bei der Infrastruktur hapert es genauso: Brücken sind einsturzgefährdet, innovative Verkehrsprojekte schlummern vor sich hin. Und wer öfter Münchner S- und U-Bahnen oder die Deutsche Bahn nutzt, kann mitunter zum Hitzkopf mutieren, es sei denn, die Heizungen fallen aus. Da fällt es oft schwer den kühlen Kopf zu bewahren und mit angesagt heiterer Gelassenheit alle Schwankungen wegzustecken.

In Meetings, Workshops und Fachartikeln kursieren Begriffe, Strategien und selig-machende Konzepte und Visionen wie Agilität, Selbstorganisation, neue Fehlerkultur und Disruption. Die flexible Arbeitswelt, Co-Working-Spaces, Home-Office und internationale Teams an allen möglichen Standorten wollen gemanagt und geführt werden. Aber versteht der Mitarbeiterin in Singapur dasselbe unter dem Culture Change-Programm wie die Mitarbeiter in London oder Berlin? Verfolgen sie wirklich genau dasselbe Ziel? Und wie führe ich meine Teams bzw. halten sich die Kolleginnen und Kollegen auf dem Laufenden, die an einem Projekt arbeiten, aber mal von Zuhause, mal an anderen Standorten?

Da kommt das Schriftliche und da kommen die klaren Worte ins Spiel! Kürzlich war in einer Fachzeitschrift zu lesen, dass eine internationale Austauschplattform für Programmierer ihr Team per overcommunication organisiert, das bedeutet, dass Kommunikation nur verschriftlicht stattfindet, so dass neue Mitarbeiter in die Projekte jederzeit und überall auf der Welt einsteigen können. Oder über Amazon wurde berichtet, dass sie im Vorfeld eines neuen Produktes als erstes eine Pressemitteilung erstellen, so dass allen definitiv klar ist, wohin die Reise bei der Entwicklung gehen soll. Schritt-für-Schritt-Checklisten und ein für alle zugänglicher Teamkalender können weitere Tools sein, um gut abgestimmt gemeinsam an ein klar definiertes Ziel zu kommen. Manche Sprüche haben ewige Gültigkeit, zumal, wenn sie von Goethe sind: „Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“

Ein Satz der Abraham Lincoln oder Willy Brandt zugesprochen wird. Recht haben sie, egal, wer den Satz erfunden hat. 2019 ist Geschichte und 2020 liegt vor uns. Ein weites Feld. Was wird es bringen, für uns persönlich, für das Land in dem wir leben, für die Welt? Vieles können wir nicht beeinflussen, einiges aber schon, zumindest in unserem jeweiligen Umfeld. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus … Und all die guten Vorsätze für das neue Jahr. Werden wir sie 2020 (endlich) umsetzen oder wird es wieder nichts mit der besseren Work-Life-Balance, dem Fitnesstraining, dem „öfter da sein für Familienangehörige“, dem sozialen, politischen, gesellschaftlichen Engagement, dem Fremdsprachenlernen oder dem „achtsamer und liebevoller mit sich selber umgehen“?

Die Zukunft selber gestalten – dazu braucht es Visionen, Ideen und Ziele, Neugierde, Motivation, Disziplin, Hartnäckigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und Mut. Zukunft gestalten heißt auch Neues wagen. Die Komfortzone verlassen, sich trauen, einen Weg vorzugeben und vorzugehen. Das klingt ziemlich anstrengend. Aber es klingt auch nach LEBEN! „Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer.

Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“ – noch so ein Satz von Willy Brandt, der bestens zum neuen Jahr passt.

von Nikolaus Birkl

„Ich denke, der Sinn unseres Lebens besteht darin, glücklich zu sein. … Ich weiß nicht, ob sich im Universum mit seinen zahllosen Galaxien, Sternen und Planeten noch ein tieferer Sinn verbirgt oder nicht, doch dieses ist klar, dass es unsere Aufgabe als Menschen auf dieser Erde ist, die Grundlagen für ein glückliches Leben zu schaffen. Darum müssen wir herausfinden, was uns das größtmögliche Maß an Glück verschafft.“* Soweit der Dalai Lama unter der Überschrift „Der Sinn unseres Lebens“.

Wenn wir aus systemischer Sicht unser Leben als ein Sein auf dem fortschreitenden Strahl der Zeit verstehen, als ein Fließen im Fluss des Lebens, dann ist Veränderung der Normalzustand: „Alles fließt“ und „Du kannst nicht zweimal in denselben Fluss steigen“, sagte Heraklit um 500 vor Christus. Nichts bleibt uns daher auf Dauer, nicht einmal unser Leben, wie können wir uns dann das Glück erschließen?

Sicher werden wir scheitern, wenn wir versuchen, unser Glück in der Attraktivität des Habens und Besitzens zu finden, denn dort erhalten wir letztlich Spielzeuge, die – wie Eltern wissen – schnell an Reiz und glückbringender Befriedigung verlieren. Immer Neues, immer mehr Besitz führt in ein ständiges Vergleichen und in ein „Haben-Müssen“, es ist wie bei einem Eimer mit einem Loch im Boden: wir können noch so viel hineinfüllen, es ist nie genug Substanz vorhanden, – ein Weg ins Unglück und nicht ins Glück!

Der Schlüssel zum Glück liegt im Sein, im „Ich bin!“. Wenn wir innehalten, uns dem Augenblick zuwenden und ihn als solchen akzeptieren können, sind wir glücklich. Wenn ich erkenne, dass die Situation meines Lebens eben genau so ist, wie sie ist, kann ich mich mir selbst zuwenden und Ruhe finden. Das ist kein Fatalismus, selbstverständlich kann und soll ich die Zukunft gestalten und verändern, beobachten, reflektieren und entscheiden, – aber aus einer Haltung heraus, die zunächst einmal akzeptiert hat, dass die augenblickliche Situation so ist, wie sie ist. Das beinhaltet auch die Akzeptanz, dass ich selbst so bin, wie ich bin. Ich höre dann auf, anders sein zu wollen, und spüre, dass – wie es im Zen heißt – der Weg genau unter meinen Füßen ist. Nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft, nein – im Hier und Jetzt.

Daher lautet die kürzeste und alle Seiten des Lebens umfassende Definition von Glück: „Was ist, darf sein.“


*Zitat v. d. Website S. H. des Dalai Lama (zitiert bei Dalai Lama/Michael von Brück, Wagnis und Verzicht, München 2019, S. 224)