Muße-Bücher zu Weihnachten

Die Literaturwissenschaftlerin und frühere Verlegerin Clara Fernández López hat für die Akademie der Muße einige besonders schöne Bücherempfehlungen zu Weihnachten zusammengestellt. Wenn Sie sich nicht entscheiden können, können Sie ohne Bedenken auch alle kaufen.

Daniel Kehlmann: Tyll. Roman, Rowohlt, 480 S, € 22,95

Die Neuerfindung einer legendären Figur: ein großer Roman über die Macht der Kunst und die Verwüstungen des Krieges, über eine aus den Fugen geratene Welt.  Tyll Ulenspiegel – Vagant, Schausteller und Provokateur – wird zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Müllerssohn in einem kleinen Dorf geboren. Sein Vater, ein Magier und Welterforscher, gerät schon bald mit der Kirche in Konflikt. Tyll muss fliehen, die Bäckerstochter Nele begleitet ihn. Auf seinen Wegen durch das von den Religionskriegen verheerte Land begegnen sie vielen kleinen Leuten und einigen der sogenannten Großen, nicht zuletzt dem fanatischen Jesuiten Tesimond und dem Weltweisen Athanasius Kircher, dessen größtes Geheimnis darin besteht, dass er seine aufsehenerregenden Versuchsergebnisse erschwindelt und erfunden hat. Ihre Schicksale verbinden sich zu einem Zeitgewebe, zum Epos vom Dreißigjährigen Krieg. Und um wen sollte es sich entfalten, wenn nicht um Tyll, jenen rätselhaften Gaukler, der eines Tages beschlossen hat, niemals zu sterben.

Martin Suter: Elefant. Roman, Diogenes, 352 S, € 24

Er ist entzückend, ein Wunderwesen – und für den, der die genetische Zauberformel kennt, ein Vermögen wert: ein rosaroter Mini-Elefant, der in der Dunkelheit leuchtet. Plötzlich steht er da, in der Höhle des Obdachlosen Schoch, der dort seinen Schlafplatz hat und nun seinen Augen nicht traut. Woher kommt dieses seltsame Geschöpf, und wie ist es entstanden? Das wissen nur wenige Personen, und sie verfolgen sehr unterschiedliche Interessen: Kaung, der burmesische Elefantenflüsterer, der die Geburt des Tiers begleitet hat, glaubt, es sei etwas Heiliges, das geschützt werden muss. Geschützt ja, aber als Patent, meint dagegen Genforscher Roux.

Hisham Matar: Die Rückkehr. Auf der Suche nach meinem verlorenen Vater. Aus dem Englischen, Luchterhand, 288 S, € 20

Hisham Matar wuchs als Kind in Libyen auf, doch die Diktatur unter Gaddafi hat seine Familie früh zerstört. Er selbst lebt seit langem in England, sein Vater wurde in das berüchtigtste Gefängnis von Libyen verschleppt. In dem kurzen Zeitfenster nach Gaddafis Sturz und vor dem neuen Bürgerkrieg kehrt Hisham Matar in seine Heimat zurück, um endlich vor Ort nach seinem Vater zu suchen. Sein Buch ist ein bewegendes Dokument. Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Preis und dem Geschwister-Scholl-Preis 2017

Philipp Ther: Die Außenseiter. Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa. Suhrkamp, 436 S, € 26

Flucht und Integration gehören zu den beherrschenden Themen der Gegenwart. Sie sind ein maßgeblicher Grund für den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und drohen, die EU zu spalten. Ein Blick in die Tiefen der Geschichte relativiert allerdings die »Flüchtlingskrise« des Jahres 2015. Seit 1492 die sephardischen Juden von der iberischen Halbinsel vertrieben wurden, ist Europa immer ein Kontinent der Flüchtlinge gewesen.

Philipp Ther geht den Gründen der Flucht nach: religiöser Intoleranz, radikalem Nationalismus und politischer Verfolgung. Anhand von Lebensgeschichten veranschaulicht er die Not auf der Flucht, identifiziert Faktoren für gelingende Integration und erörtert das wiederholte Versagen der internationalen Politik sowie die Lehren, die daraus etwa in der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 gezogen wurden. Der Humanitarismus ist, wie Ther zeigt, in der Flüchtlingspolitik stets brüchig gewesen. Doch auch wenn heute einmal mehr die Angst vor einem Scheitern der Integration dominiert, haben die Zielländer fast immer von der Aufnahme von Flüchtlingen profitiert. Das belegt insbesondere die deutsche Nachkriegsgeschichte, als gerade die junge Bundesrepublik zu einem Flüchtlingsland wurde.

Claudio Del Principe: a casa. Ein sinnliches Kochtagebuch mit 200 italienisch inspirierten Rezepten. at Verlag 2017, 320 S, € 38,90

Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an Langsamkeit, Achtsamkeit und Sorgfalt. Zeit als wesentliche Zutat für mehr Geschmack. Ein Kochbuch, das eine Geschichte erzählt.

Oskar Maria Graf: Das Leben meiner Mutter. List, 992 S, € 14

(Aufpassen, dass Sie die Sonderausgabe kaufen: ISBN 978-3-548-28874-1)

Oskar Maria Graf hat mit diesem Porträt seiner Mutter nicht nur eine Chronik dörflichen Lebens in Oberbayern geschaffen, sondern auch einen sozial- und zeitkritischen Roman von großer poetischer Kraft. Ein Klassiker.