Mit Achtsamkeit das Gewissen kaltstellen?

Gedanken zur Kritik an der Achtsamkeitswelle

Achtsamkeit ist in aller Munde und mittlerweile ein wenig überstrapaziert, wie das mit Zeitgeistphänomenen so ist. Irgendwann poppt ein Begriff auf, alle reden davon – jeder versteht etwas anderes darunter – und irgendwann ist es vorbei und der nächste Hype rückt schlagartig an.

Seit einigen Jahren jedenfalls passt „Achtsamkeit“ offenbar zum Zeitgeist und ist rundum Thema, im alltäglichen Leben, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft. Auch bei uns. Denn, wo Burn-out und psychische Erkrankungen immer häufiger diagnostiziert werden, der Arbeitsdruck steigt, die digitale Informationsflut wächst und ständiges Multitasking gefragt sind wie nie, hilft gutes geistiges Selbstmanagement bei der Stressbewältigung. Achtsamkeit als Meditationsübung kann helfen, die Ruhe zu bewahren, Emotionen zu regulieren, zu lernen, mit negativen Gefühlen umzugehen, den Alltag zu meistern und das Leben zu bejahen.

Wie das meiste im Leben, scheinen auch Achtsamkeitsübungen zwei Seiten zu haben bzw. kommt es darauf an, wofür sie eingesetzt werden, in welchem Maße und welches grundsätzliche Verständnis dahintersteht. Es gab nach diversen Studien kürzlich Schlagzeilen, dass diese Selbstoptimierung perfekt zum Turbokapitalismus passt, auch bereits zur Förderung der Resilienz beim Militär eingesetzt wird und bestens geeignet ist, ein schlechtes Gewissen zu mindern. Über diesen Ansatz findet man mittlerweile einiges online und man sollte auch durchaus darüber nachdenken.

Wir meinen aber: Wichtig ist die Absicht, die dahinter steht, also eigentlich sollte es keine geben! Achtsam sein bedeutet, nach dem Wu Wei-Prinzip des „Nichtwirkens“ zu leben, hinzuspüren, zu beobachten, zweckfrei und ohne zu bewerten. Selbstreflexionskräfte stärken, Raum für Kreativität schaffen, für das Leben.