Mach doch einfach mal nix!
Gedanken der Unternehmerin Susanne Schöttmer nach den Tagen des Innehaltens

Besonders Führungskräfte tun sich im Alltag oft schwer, auszuspannen und die Gedanken schweifen zu lassen. Die Tage des Innehaltens der Akademie der Muße bieten Menschen die Möglichkeit, Achtsamkeit zu üben. Die Unternehmerin Susanne Schöttmer berichtet im Interview über die Erlebnisse des Seminars und was sie davon in den Alltag mitnehmen konnte.

Wieso waren Sie bei den Tagen des Innehaltens, waren Sie im Job in letzter Zeit so gestresst?

Ach das ist ein glücklicher Zufall oder gar Fügung gewesen: Als Unternehmerin, Ehefrau und Mutter arbeitet man selbst und ständig und hat zumeist das Wohl anderer, der Kunden, der Mitarbeiter und nicht zuletzt der eigenen Familie im Sinn. Es begab sich an einem Tag im Sommer letzten Jahres, als ich in einem anonymen Business-Hotel nach einem langen Tag den Fernseher anschaltete. Ausgebrannt, müde, zu spät um noch mit den Kindern zu skypen und weit weg von meinem Mann. Ich fragte, nein, ich ärgerte mich: Warum mache ich das eigentlich? Wie lange noch? Wie kriege ich die Kurve zurück in ein „normales“, selbstbestimmtes Leben? Und wie sieht das aus?

Ich bin praktisch veranlagt. Esoterik und Räucherstäbchen sind nichts für mich. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich mich auch im Gespräch mit Freunden, die nicht in der gleichen Verantwortung stehen wie ich, nicht wirklich darüber austauschen kann. Natürlich kann ich schalten und walten, wie ich will, muss keinem Chef Rede und Antwort stehen. Aber meinen Kunden. Und ich trage Verantwortung für Mitarbeiter. Nicht zuletzt habe ich „anspruchsvolle“ Kinder (von wem sie das wohl haben? ;-). Und bei dem mit dem Erfolg meistens einhergehenden Perfektionismus ist das so eine Sache mit der Entscheidungsfreiheit. Ständig unter Strom, immer präsent, auf den Punkt und meistens gleichzeitig muss das, was Getan werden muss, getan werden …

Zurück ins Hotelzimmer: Im Fernsehen lief eine Talkshow mit Anselm Bilgri, in der er das mit Nikolaus und Georg geschriebene Buch „Vom Glück der Muße“ vorstellte. Er sagte wortwörtlich einen Satz, mit dem mir mein eigener Vater schon lange in den Ohren liegt: „Mach doch einfach mal nix!“. Anselm sprach über den Wert, die Kraft und das Glück, die in der Muße liegen, und dass Muße sinnvoll ist.

Auf der Rückfahrt habe ich mich noch aus dem WLan des ICEs nach Hamburg für die Tage des Innehaltens der Akademie der Muße (was für ein sensationeller Name!) angemeldet …

Wie haben Sie die Tage erlebt?

Ich bin, seitdem ich verheiratet bin und die Kinder auf der Welt sind, das erste Mal ganz allein und aus purem Eigennutz ein paar Tage unterwegs gewesen. Die Fahrt über den Brenner war wie ein Tor raus aus meiner Welt hinein in eine neue: Ich schaute zu, hörte zu, hing Gedanken nach, war ohne sein zu müssen, und freute mich über die vielen interessanten Impulse durch die drei Seminarleiter und die Seminarinhalte, aber auch durch die Gespräche mit den anderen Teilnehmern. Diese Impulse nimmt der eigene Kopf tatsächlich zum Anstoß, mal in Ruhe nachzudenken und dabei die eigenen Themen aus einem anderen Blickwinkel konstruktiv zu beleuchten.

Ganz besonders positiv überrascht war ich von dem Niveau der sehr abwechslungsreichen und dramaturgisch perfekt zusammengestellten Seminarimpulse, teils akademisch, teils geistlich-therapeutisch, teils prosaisch, teils handfest und teils flüssig (in einer der schönsten Weinregionen).

Neu waren für mich die ganz selbstverständlich eingeflochtenen und erstaunlicherweise gar nicht komischen, sondern wohltuenden Sequenzen der Stille, der Meditation (wobei ich mit den Räucherstäbchen und dem obligatorischen Tülltuch immer noch hadere). Lauter faszinierende, starke und so gar nicht esoterisch-transzendente Männer und Frauen, die morgens um 6:45 langsam und in aller Stille um eine Steinsäule laufen … Erstaunlich! Wunderbar!

Was nehmen Sie aus den Tagen in den Alltag mit?

Ich habe leider keine Steinsäule bei mir zuhause oder im Büro … Nein, im Ernst: Ich habe die Kraft der Muße erlebt. Auch wenn ich danach mein Leben nicht umgekrempelt habe und seither auch nicht jeden Morgen meditiere, hat sich mein Blick auf vieles ein bisschen verändert. Ich bin ein wenig zurück „auf Spur“ gebracht worden, eine Spur, die ich mit der gebotenen Muße verfolge, und die mich Stückchen für Stückchen weiterbringt. Spürbar und nachvollziehbar. Für nächstes Jahr ist das Seminar (nicht zuletzt aufgrund einiger wunderbarer Menschen, die ich hoffe wiederzutreffen) schon fest gebucht.

Haben Sie einen Muße-Trick?

Klingt leider sehr modisch und medial ausgelutscht: Eins nach dem anderen – voller Achtsamkeit! Und manchmal mach ich (mit einem inneren Augenzwinkern in Richtung Anselm und dank meines Vaters) auch einfach mal nix!

(Gerd Henghuber)