Diskurs für eine gelassene Lebensführung mit Professor Dr. Klaus Mainzer am 13.06.

Im Rahmen des Salons Luitpold diskutieren am 13. Juni um 20.00 Uhr Anselm Bilgri und Dr.  Nikolaus Birkl mit dem Philosophen und Wissenschaftstheoretiker Prof. Dr. Klaus Mainzer zum Thema „Künstliche Intelligenz“. Dazu ein Ausschnitt aus dem mit Professor Mainzer geführten Interview.

Weitere Informationen unter www.cafe-luitpold.de/salon-luitpold-kultur-unter-palmen. Um Anmeldungen bitten wir direkt unter info@cafe-luitpold.de.

„Seit meinem Studium, also seit nunmehr einem halben Jahrhundert, stehen Algorithmen im Zentrum meines Interesses. Wie berechenbar ist eine Welt, die immer komplexer wird? Ich habe das Auf- und Ab der KI-Forschung in dieser Zeit miterlebt und beforscht. Vieles, was damals logisch-mathematische Theorie war, ist heute – aufgrund der exponentiell wachsenden Computerpower – Realität. Dazu gehören die neuronalen Netze und Lernalgorithmen nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns. Meine ersten Artikel und Bücher schrieb ich darüber Anfang der 1990er Jahre. Damals war alles nur graue Theorie. Heute sind neuronale Netze ein großer Hype. Sie sind aufgrund der hohen Rechenleistung, die wir heute zur Verfügung haben, realisierbar. Am Beispiel der Automobilindustrie und des Deep Learning bei der Bilderkennung ahnen wir ihr Potential für die Zukunft.

Aber sie sind auch eine Blackbox: Niemand weiß genau, was in diesen Millionen von Neuronen abläuft, wenn wir es beim verstärkenden Lernen zu einem bestimmten Verhalten trainieren. Das erinnert tatsächlich an die Vorgänge in einem lebenden Gehirn. Wie verlässlich ist ein neuronales Netz beim autonomen Fahren, um Unfälle zu vermeiden?

Derzeit beschäftige ich mich mit mathematischen Beweisen, wie wir Fehler systematisch vermeiden und neuronale Netze besser kontrollieren können. Aus der Mathematik wissen wir, dass erst ein Beweis die Korrektheit garantiert. Die Verbindung des Machine Learning mit mathematischer Beweistheorie ist ziemlich neu. Andernfalls gehen wir große, nicht zu verantwortende Risiken ein, wenn wir uns nur auf den scheinbaren Erfolg schneller Algorithmen und Big Data verlassen – getrieben von schnellen Anwendungserfolgen und Geschäftsinteressen. Es zeigt, dass selbst Theoretiker in der KI-Forschung wie ich heutzutage eine große Verantwortung tragen.“

 

Prof. Dr. Klaus Mainzer (*1947) arbeitet als Wissenschaftsphilosoph über Grundlagen und Zukunftsperspektiven von Wissenschaft und Technik. Bekannt wurde er als Komplexitätsforscher, der schwerpunktmäßig komplexe Systeme, Algorithmen und künstliche Intelligenz in Natur, Technik und Gesellschaft untersucht. 

Prof. Mainzer studierte Mathematik, Physik und Philosophie an der Universität Münster, wo er über Philosophie und Grundlagen der Mathematik promovierte und sich in Philosophie habilitierte. Vor seiner Berufung auf den Lehrstuhl für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der TUM und seiner Tätigkeit als Direktor der Carl von Linde-Akademie arbeitete er als Professor (1981-1988) und Prorektor (1985-1988) an der Universität Konstanz sowie als Professor und Gründungsdirektor des Instituts für Interdisziplinäre Informatik (1988-2008) an der Universität Augsburg. Er war Gründungsdirektor des Munich Center for Technology in Society (MCTS) und ist seit 2016 TUM Emeritus of Excellence.
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