Bericht über die Tagung „Small is beautiful“ am 01./02.07.2016

Ich bin noch ganz begeistert und berichte daher gerne von der Tagung „Small is beautiful“ der Evangelischen Akademie Tutzing und der Kolping Akademie Ingolstadt am 01./02.07.2016 in Ingolstadt.

Das interessante und breite Spektrum der Vorträge aus den unterschiedlichsten Bereichen lässt sich schwer in wenige Worte fassen. Die wichtigste Kernaussage für mich war jedoch: Grundlage für Achtsamkeit und Mitgefühl mit uns selbst und der gesamten Schöpfung ist das Erkennen und Zulassen unserer wahren Bedürfnisse, unseres Selbst, unserer Intuition auf der einen Seite und das Erleben der Verbundenheit mit dem, was ist, auf der anderen Seite.

Durch die Veranstaltung führte humorvoll und geistreich Pfarrer Dr. Jochen Wagner, Studienleiter der Evangelischen Akademie Tutzing.

In seinem Vortrag „Energie und Metalle – Ressourcen werden knapp“ wies der Energie- und Rohstoff-Experte Jörg Schindler durch das abzusehende Ende von Kohle, Öl und Erdgas auf den erzwungenen Abschied von der Verschwendung hin.

Der bekannte Münchener Psychologe Dr. Wolfgang Schmidbauer beschrieb in seinem Vortrag „Auswege für das erschöpfte Selbst“ die Ursachen für die Zunahme von Depressionen und Burn-outs in den letzten Jahrzehnten, die häufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeit. „Das neurotische Liebesbedürfnis“ entsteht, wenn die Autonomie eines Kindes nicht gefördert wurde, d. h. es seine Bedürfnisse und Wünsche nicht entwickeln konnte. Durch die „manische Abwehr“ – nur wenn man alle geforderten Leistungen erbringt, ist man glücklich – erfolgt dann die ausschließliche Orientierung am Erfolg. Bleibt dieser irgendwann aus, kommt es zu einem Gefühl von Wertlosigkeit. Der Ausweg kann daher nur sein, unsere wahren Bedürfnisse zu erkennen. Wir können z. B. lernen, in einer (handwerklichen) Tätigkeit voll in unserem eigenen TUN aufzugehen, um uns wieder selbst als Inhalt zu erleben.

Erst über die Freude eines selbst bestimmten Lebens schaffen wir es, aus unseren Sublimierungsorgien auszusteigen und die begrenzten Ressourcen im Innen und im Außen sinnvoll zu nutzen.

Die Designerin Carmen Gabler appellierte in der Mode an die Verantwortung von Design, Produktion, Vertrieb und Kunde. Sie warf die Frage auf, wie oft man sich doch für zu viel und vielleicht nicht befriedigende Arbeit mit einem hübschen Kleidungsstück oder einem anderen Konsumgut belohnen (Ersatz-befriedigen) würde.

Auch der Filmemacher und Künstler Julian Benedikt empfahl eindrücklich, seiner eigenen Intuition zu folgen. Er zeigte einen Ausschnitt seines Films „Play your own thing“, in dem er der Hauptbotschaft des Jazz auf den Grund geht: „Drücke aus, was Du selber zu sagen hast. Halte Dich nicht an irgendwelche Vorbilder, imitiere niemanden, sondern finde zu Deinem eigenen Stil.“

Dr. Jochen Wagner zitierte den deutschen Philosophen Walter Benjamin: „Langeweile ist der Traumvogel, der das Ei der Erkenntnis ausbrütet.“

„Je weniger ein Mensch um das Ziel seines Lebens weiß, desto mehr beschleunigt er sein Leben. (Viktor Frankl)

Einen faszinierenden und inspirierenden Abschluss bildete der Vortag von Dr. Christoph Riedel „Laudato si“ mit seinen Überlegungen zur gleichnamigen Enzyklika von Papst Franziskus. Zentraler Gedanke seiner Impulse zu Lebensverantwortung und Selbstschutz ist das Erleben der Verbundenheit des Einzelnen mit dem, was ist. Verbundenheit ist die Grundlage für Achtsamkeit und Mitgefühl. Durch Verbundenheit hört jeder beliebige Ort auf, eine Hölle zu sein, und wird zum Umfeld würdigen Lebens. Es fehlt das Bewusstsein des gemeinsamen Ursprungs…. So zeichnet sich eine große kulturelle, spirituelle und erzieherische Herausforderung ab, die langwierige Regenerationsprozesse beinhalten wird…

Anmerkung und Film-Tipp von mir: „INNSAEI“ (nach Innen sehen/von Innen nach Außen/ Intuition)
In diesem sehr empfehlenswerten isländischen Dokumentations-Film über die Wichtigkeit von Gefühlen in einer überwiegend rationalen Welt wird bereits Kindern „Brain break“ sowie das Mitgefühl und die Empathie mit anderen gelehrt. Absolut bemerkenswert war, wie ein kleiner, vorher verhaltensauffälliger, achtjähriger Junge seinem Vater seine Erfahrungen und sein Wissen erfolgreich! weitergeben konnte, und sich dadurch das gesamte Familienleben veränderte.

(Evi Hammer, Foto: fotolia)